Von Robot-Counselors und Mensch-KI-Mediatoren

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Perspektivenwechsel: Welche Fähigkeiten werden aufgrund der Digitalisierung in Zukunft besonders gefragt sein und welche Berufsbilder könnten daraus entstehen? Ingo Stolz, Dozent und Unternehmensberater, teilt seinen Blickwinkel auf die Digitalisierung in unserer Arbeitswelt. 

Was bedeutet Digitalisierung für Sie als Dozent und Unternehmensberater? 

Künstliche Intelligenz, Internet of Things, Data Science oder Cloud Computing sind nur einige der Stichworte, die ich mit Digitalisierung verknüpfe. Egal ob als Dozent oder Berater – für mich stellt sich immer die Frage, was es braucht, damit Technologien wirtschaftliche Erfolge und Effizienz ermöglichen. Und wie man Technologien für bessere Entscheidungen und eine bessere Arbeitskultur nutzen kann. 

Wie hat die Digitalisierung Ihre Arbeitswelt bereits verändert?  

Ich leite mit meiner Kollegin ein Team mit 30 Personen und einen Fachbereich mit weiteren 20 Personen. Wir arbeiten alle auch stark dezentral, das ist nur durch die Digitalisierung möglich geworden. Die Herausforderung für mich als Führungskraft ist jetzt, Vertrauen und Sicherheit herzustellen und menschenzentriert zu arbeiten.  

Wie erreichen Sie das? 

Man muss trotz Technologien und Distanz immer mal wieder auch den analogen Austausch herbeiführen. Das ist ein Effort, auf natürliche Art und Weise findet dieser Austausch selten statt. Man braucht ein Gespür für die Personen, das verlernt man in der heutigen Arbeitswelt leichter als früher. 

«Mit KI ist eine neue Dimension entstanden: Der Mensch interagiert mit Technologie, welche fast so ist wie ein Mensch.»

Prof. Dr. Ingo Stolz, Dozent für International Leadership & Management an der Hochschule Luzern – Wirtschaft

Wie wird sich die Arbeitswelt in Zukunft weiter verändern? 

Mit KI ist eine neue Dimension entstanden: Der Mensch interagiert mit Technologie, welche fast so ist, wie ein Mensch. Die Technologie simuliert also den Menschen. KI wird sich weg von einer reinen Unterstützungsfunktion zu einer Entscheidungsfunktion entwickeln.  

Haben Sie ein Beispiel hierzu? 

Nehmen wir das Gesundheitswesen: Die künstliche Intelligenz sammelt heute schon Daten und wertet diese aus. Die Analysefähigkeit, also das Stellen einer Diagnose oder Behandlung, ist bis anhin beim Arzt gelegen. Diese Entscheidungsfunktion übernimmt mehr und mehr die KI.  

Welche Fähigkeiten werden aufgrund der Digitalisierung künftig besonders wichtig? 

Präzisionsarbeiten, sprachliche, mathematische und koordinative Arbeiten sowie Arbeiten der betriebswirtschaftlichen Grundkompetenz werden immer weniger gefragt sein. Es werden künftig völlig neue Berufsbilder entstehen.  

Können Sie solche neuen Berufsbilder bereits benennen? 

Künftig wird es beispielsweise einen «System Tangilizer» geben, der in der Lage ist, die komplexesten Systeme zu verstehen. Oder ein «Robot-Counselor», der den Menschen hilft, mit ihren Robotern umzugehen. Die «Simplicity-Expertin», die den Überblick über das grosse Ganze behält. Ein «Wearable-Technology-Therapist», der all unsere Gadgets mit uns und unserem Leben in Einklang bringt. Oder die «Mensch-KI-Mediatorin», die Konflikte zwischen Mensch und KI mediiert.  

Ist Digitalisierung eine kollektive Überforderung oder eine Chance für Alle(s)? 

Weder noch. Digitalisierung ist eine Realität, mit der wir jetzt und künftig leben werden. Und neue Realitäten haben uns immer gefordert. Eine Überforderung ist es nur dann, wenn wir uns überfordern lassen. Wir müssen diese Herausforderung annehmen, stehen aber erst ganz am Beginn. 

Über Ingo Stolz 

Prof. Dr. Ingo Stolz ist Dozent für International Leadership & Management an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Er ist Co-Leiter des Competence Center für Unternehmensentwicklung, Führung und Personal. Daneben leitet er Weiterbildungen, darunter den Doctor of Business Administration DBA, den MAS International Management und den MAS Business Management.