Hilft es, ein «evidenzbasiertes», faktenbasiertes Personalmanagement zu etablieren?
Die Digitalisierung verändert die Anforderungen. HR-Leute müssen IT «können». Sie müssen nicht selber in der Lage sein zu programmieren, aber sie sollten verstehen, wie eine Software funktioniert und wie sich Daten auswerten lassen. Heute werden bessere und schnellere Analysen und Entscheidungen verlangt. Da das HR vermehrt proaktiv agieren sollte, kann Software gute Unterstützung bei der Entscheidungsfindung bieten.
Wie weit soll ein Bewerbungsmanagement gehen, was umfasst es, was bringt es?
Jedes Unternehmen muss sich fragen, wie sich geeignete Kandidatinnen und Kandidaten finden lassen. Die Ansprache schien bis vor Kurzem über Plattformen wie jobs.ch und jobscout24.ch am erfolgversprechendsten. Derzeit stellt sich die Frage, ob das wirklich ausreicht, da nur etwa 20 Prozent aller Angestellten auf Stellensuche sind oder mit einem Stellenwechsel liebäugeln. Das heisst nichts anderes, als dass die Mehrheit aller Berufstätigen die ausgeschriebene Stelle gar nicht wahrnimmt.
Wie bringt man diese Mehrheit dazu, sich zu bewerben?
Online-Publikationen sind zwar weiterhin ratsam, sollten aber ergänzt werden durch andere Massnahmen wie aktives Sourcing, bei dem potenziell interessante Personen gezielt angegangen werden. Erfolgreiche Unternehmen bewerben sich bei potenziellen Bewerbern und nicht mehr nur umgekehrt wie bisher.
Wie läuft so etwas ab?
Junge Talente lassen sich beispielsweise am besten via spezielle Initiativen wie etwa über die Unterstützung von schulischen Aktivitäten wie Diplomarbeiten, durch das Anbieten von Praktikumsstellen und Übernahmen von Kursen ansprechen, so dass man bereits frühzeitig mit aufstrebenden Kandidaten in Kontakt kommt und sich als attraktiver Arbeitgeber positioniert.
Was ist eine moderne Karriereplanung?
Mit Karriereplanung wird impliziert, dass man auf der Hierarchieleiter kontinuierlich eine Stufe nach der anderen nach oben rücken kann. Das ist Schnee von gestern. Ich spreche lieber von Laufbahnplanung. Es kann viel bereichernder sein, wenn sich jemand für eine Entwicklung entscheidet, die den eigenen Stärken entspricht, als nur nach dem zu streben, was für eine nächsthöhere Stufe verlangt wird. Es ist mit eine Aufgabe des HR, dafür zu sorgen, dass sich Mitarbeitende mit ihren Talenten und Stärken optimal entfalten.
Ist es überhaupt möglich, die Leistung eines Mitarbeitenden zu messen, wenn er oder sie nicht gerade an einem Fliessband steht?
Eine Leistung ist objektiv oft schwierig bis unmöglich zu taxieren, weil sie interdependent und deshalb von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Je mehr in Gruppen gearbeitet wird, umso schwieriger ist es, die Leistung des Einzelnen objektiv zu quantifizieren und zu beurteilen. Aber nur weil die Leistungsmessung schwierig ist, sollten sich Vorgesetzte nicht vor Feedbackgesprächen drücken.
Was halten Sie von Zeugnis-Generatoren?
Zeugnisse sind nur in deutschsprachigen Ländern gebräuchlich. Anderswo gibt es Empfehlungsschreiben. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass mit einem gut und persönlich geschriebenen Zeugnis sehr viel Wertschätzung vermittelt werden kann.
Wo wird das HR in fünf, in zehn Jahren sein?
Das HR wird an Bedeutung gewinnen und in der Geschäftsleitung etabliert sein. Dazu muss es sich aber zu einer Steuerungsund Gestaltungsfunktion weiterentwickeln. Generell ist zu erwarten, dass Fragen rund um das Personal wichtiger werden. Denn sie geben dem Unternehmen die Möglichkeit, sich gegenüber Mitbewerbern zu differenzieren. Mitarbeitende werden vermehrt als Repräsentanten eines Unternehmens wahrgenommen und beurteilt.
Wird das HR vollständig automatisiert?
Alles, was sich automatisieren lässt, wird auch automatisiert. Gutes HR ohne Software-Unterstützung wird es in Zukunft nicht mehr geben. Es braucht jedoch den Menschen, der das HR lebt, und passende Instrumente dazu – erst wenn beide miteinander funktionieren, ist gutes HR möglich.