Zielführendes Führungsinstrument oder mühsame Pflichtübung? Ein Plädoyer fürs Mitarbeitergespräch

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Mitarbeitergespräche sind ein zentraler Pfeiler in der Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden und darum in Unternehmen weit verbreitet. Im Alltag wird das Gespräch aber oft als administrative Pflichtübung abgetan. Worauf muss geachtet werden, damit die Gespräche für alle Beteiligten zum zielführenden Führungsinstrument werden?

Mitarbeitergespräche führen

Mitarbeitergespräche sind ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Sie bieten nicht nur die Möglichkeit, die Leistung zu bewerten und Ziele zu setzen, sondern auch, eine vertrauensvolle Beziehung zu pflegen. Eines vorweg: Das Schweizer Gesetz erwähnt das Mitarbeitergespräch nicht explizit – auch nicht, ob ein Anspruch darauf besteht. Es gibt jedoch eine Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin. Dazu gehört, dass sich Vorgesetzte regelmässig mit ihren Mitarbeitenden austauschen.  

Mitarbeitergespräche gehören zu den am häufigsten eingesetzten Führungsinstrumenten, die in Unternehmen zum Einsatz kommen. Trotz ihrer weiten Verbreitung gehen die Meinungen über die Wirksamkeit der Mitarbeitergespräche auseinander. Die einen halten sie für ein zielführendes Instrument, andere erachten es als mühsame administrative Pflichtübung. Warum ist das so? Und wie können HR-Verantwortliche Führungskräfte und Mitarbeitende optimal unterstützen? In diesem Blogbeitrag beleuchte ich vier Knackpunkte bei Mitarbeitergesprächen und praxisnahe HR-Ansätze, um das Instrument zu einem für alle Beteiligten wertvollen Austausch zu entwickeln.  

Knackpunkt 1: Mangelnde Vorbereitung 

Viele Führungskräfte gehen die Gespräche mit der Einstellung an, dass sie sich spontan auf die Themen einlassen können. Auch wenn Mitarbeitergespräche ein gewisses Mass an Flexibilität erfordern, führt ein solches Vorgehen meist dazu, dass wichtige Punkte vergessen gehen oder nur vage angesprochen werden. Das Gespräch verliert an Struktur, Klarheit und Wirkung. 

Tipps für eine gute Vorbereitung  

Die Vorbereitung ist entscheidend, um die Ziele des Gesprächs zu erreichen. Führungskräfte sollten sich im Vorfeld Zeit nehmen, die Leistungen und Herausforderungen des Mitarbeiters zu reflektieren und konkrete Themen zu definieren. HR-Verantwortliche können die Linie wie folgt darin unterstützen: 

  • Leitfaden zur Hand nehmen: Die Vorbereitung anhand eines Leitfadens erleichtert die Gesprächsstrukturierung und Priorisierung der Themen. Geben Sie sowohl Vorgesetzten als auch Mitarbeitenden einen Leitfaden an die Hand, um sich vorgängig vorzubereiten. So haben beiden Seiten eine klare Erwartungshaltung an den Gesprächsinhalt.  

  • Anliegen konkret benennen: Eine Gesprächspunkt wird verständlicher, wenn er mit konkreten Beispielen belegt ist. HR-Verantwortliche können Führungskräfte darin begleiten, die im Leitfaden enthaltenen Beurteilungskriterien mit anschaulichen Beschreibungen zu konkretisieren. Wichtig ist dabei auch, die Führungskräfte auf den sogenannten Recency-Effekt aufmerksam zu machen. Dieser besagt, dass jüngere Ereignisse gegenüber zeitlich früheren besser im Gedächtnis verankert sind und so auch die Beurteilung stärker beeinflussen. Aufgrund des Effekts werden die Leistungen am Ende der Beurteilungsperiode als stärker gewichtet als jene am Anfang. HR kann Führungskräfte mittels Sensibilisierung darin unterstützen, diesem Effekt entgegenzuwirken. 

  • Zeitplan und Fokus: Für das Gespräch sollte genügend Zeit eingeplant werden, sodass kein zeitlicher Druck für die Beteiligten entsteht. Sensibilisieren Sie Vorgesetzte, Prioritäten im Gespräch zu setzen und die verfügbare Zeit sinnvoll zu nutzen.  

Knackpunkt 2: Top-Down Ansatz 

Manche Führungskräfte gehen die Gespräche mit einem Top-Down-Ansatz an. Dabei wird das Gespräch einseitig von der Führungskraft gelenkt, ohne die Mitarbeitenden ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Dies kann dazu führen, dass sich Mitarbeitende nicht gehört fühlen und das Gespräch eher wie ein Vortrag denn wie ein Dialog erscheint. Der Fokus liegt auf der einseitigen Beurteilung und nicht auf einer wertschätzenden und konstruktiven Zusammenarbeit. 

Gespräch auf Augenhöhe führen 

Ein Mitarbeitergespräch sollte immer ein Dialog und kein Monolog sein. Die Führungskraft muss sicherstellen, dass der Mitarbeitende aktiv am Gespräch teilnimmt und seine Perspektive einbringen kann. HR-Verantwortliche können sie darin folgendermassen unterstützen:

  • Mitarbeitende dazu ermutigen, eigene Traktanden einzubringen: Geben Sie den Mitarbeitenden aktiv Raum, eigene Themen, Anliegen oder Vorschläge in das Gespräch einzubringen. Am besten gelingt das, wenn bereits in der Vorbereitung oder im Leitfaden explizit danach gefragt wird. Abacus bietet neu auch die Möglichkeit von editierbaren Gesprächsleitfaden, die digital geführt werden und somit für beide Parteien schon im Voraus transparent verfügbar sind. So können Mitarbeitende beispielsweise eigenständig Beurteilungskriterien zum Leitfaden hinzufügen. 

  • Offene Fragen vorgeben: Offene W-Fragen laden die Gesprächspartner dazu ein, offener miteinander auszutauschen. HR-Verantwortliche können solche Fragen in den Leitfaden einbauen und Führungskräfte darauf sensibilisieren.   

  • Gemeinsame Zielentwicklung: Anstatt einseitig Ziele vorzugeben, sollten Vorgesetzte und Mitarbeitende gemeinsam über Ziele und Weiterentwicklungen sprechen. Das stärkt das Engagement und die Motivation. Auch diese Möglichkeit kann direkt im Leitfaden integriert werden.  

»Anstatt einseitig Ziele vorzugeben, sollten Vorgesetzte und Mitarbeitende gemeinsam über Weiterentwicklungen sprechen.«

Benjamin Hasler Product Expert Human Resources

Knackpunkt 3: Fehlende Nachverfolgung 

Und was nun? Oft fehlen konkrete Handlungspläne, die nach dem Gespräch verfolgt werden. Zwar werden während dem Gespräch Ziele und Massnahmen vereinbart, deren Erreichung und Umsetzung jedoch im Anschluss nie geprüft. Dies führt dazu, dass Mitarbeitende nicht wissen, wie sie ihre Ziele erreichen können oder den Eindruck haben, dass das Gespräch keine langfristigen Auswirkungen nach sich zieht. 

Commitment schaffen durch gemeinsame Ziele 

Ein Mitarbeitergespräch sollte immer auch ein konkretes Commitment zu Handlungsmassnahmen beinhalten. So bleibt das Gespräch nicht nur ein einmaliges Ereignis, sondern wird zu einem kontinuierlichen Prozess der Weiterentwicklung. Folgende Aspekte können dabei unterstützen:

  • Konkrete Ziele vereinbaren: Die vereinbarten Ziele sollten messbar und realistisch sein. Noch besser ist es, die Ziele gemeinsam zu formulieren. Ermutigen Sie die Mitarbeitenden, sich eigene Ziele zu setzen. Dadurch wird die Identifikation mit den Zielen gesteigert.  

  • Regelmässige Nachverfolgung: Es ist wichtig, regelmässig zu überprüfen, ob die vereinbarten Ziele erreicht wurden. Dies kann beispielweise durch Follow-up-Gespräche oder Feedbackrunden erfolgen. Abacus bietet unter anderem grafischen Visualisierungen des Zielerreichungsgrads, die in der Nachverfolgung unterstützen. 

  • Zeitpläne für die Beurteilung setzen: Am besten geben die Führungskräfte oder Mitarbeitenden an, bis wann sie das Ziel oder die Massnahme erledigen wollen. So entsteht ein verbindlicher Zeitplan. Abacus bietet beispielsweise die Möglichkeit, Zeitpunkte für die Zielerreichung oder das Erledigen der Massnahme zu führen und automatische Erinnerungen auszulösen.  

Knackpunkt 4: Standard-Formate, die den Bedürfnissen nicht entsprechen

In vielen Unternehmen wird das Mitarbeitergespräch in Form eines Jahresendgesprächs geführt. Dieser jährliche Review ist aber nicht für alle das passende Format. Oft stehen in dieser Zeit intensive Jahresendarbeiten an, sowohl für Vorgesetzte als auch für Mitarbeitende. Zudem konzentrieren sich in einem Jahresgespräch diverse Themen – von Zielvereinbarungen über die Leistungsbeurteilung bis hin zu Entwicklungsoptionen. So können gewisse Themen gar nicht in der gewünschten Tiefe behandelt werden.

Wirkungsvolle und individuelle Formate entwickeln 

Es gibt eine Vielzahl alternativer Formate, die den Austausch zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften genauso stärken. HR-Verantwortliche können hier wertvolle Inputs liefern. Mein Tipp: Beziehen Sie Mitarbeitende und Vorgesetzte ein, damit sie neue Formate entwickeln und sich diese zu eigen machen können. Software-Lösungen wie Abacus, die die Flexibilisierung von Gesprächsformaten unterstützen, sind dabei ein grosses Plus. Mögliche Formate könnten beispielsweise wie folgt aussehen: 

  • Wöchentliche Check-ins: Kurze und regelmässige Check-ins von ca. 15 bis 30 Minuten können den Dialog im Alltag aufrechterhalten. Ein besonderer Vorteil: Probleme und Wünsche können zeitnah besprochen werden, bevor sie sich zu grösseren Herausforderungen entwickeln.  

  • Informelle 1:1 Meetings: Der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden müssen nicht immer in einem Sitzungszimmer stattfinden. Ein Gespräch zu einer Tasse Kaffee oder auf einem Spaziergang fördert den ehrlichen und authentischen Austausch.  

  • 360-Grad Feedback: Ein innovatives Gesprächsformat ist das 360-Grad-Feedback, bei dem nicht nur die Führungskraft, sondern auch Kollegen, direkte Mitarbeitende und andere Stakeholder Feedback geben. Dieses umfassende Format ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf die Leistung und Entwicklung von Mitarbeitenden.  

  • Quartal-Reviews: Dieses Format richtet sich auf mittelfristige Ziele aus. Alle drei Monate werden Fortschritte überprüft, Ziele/Rocks definiert und neue Schwerpunkte gesetzt. 

Fazit

Mitarbeitergespräche sind aus meiner Sicht weiterhin ein wertvolles Instrument für die persönliche und berufliche Entwicklung von Mitarbeitenden. Damit sie jedoch ihre volle Wirkung entfalten, müssen sie richtig vorbereitet und strukturiert durchgeführt werden. HR-Verantwortliche können die Linie massgeblich darin unterstützen, indem sie in der Vorbereitung, der Gesprächsführung, der Nachverfolgung und der Weiterentwicklung von Gesprächsformaten aktiv begleiten.  

Portrait Benjamin Hasler Expert Human Resources

Über den Autor

Benjamin Hasler verwandelt in seiner Rolle als Product Expert Human Resources die Bedürfnisse unserer Kunden in nützliche Software-Features. Mit seinem Know-How entwickelt er insbesondere das HR-Modul Mitarbeitergespräche stetig weiter. 

Mitarbeitergespräche mit Abacus führen

Mitarbeitergespräche bilden einen wichtigen Grundstein in der Personalführung. Dank der Automatisierung durch das Abacus Modul bleibt Ihnen noch mehr Zeit für den wertvollen Austausch mit Ihren Mitarbeitenden.

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